Die Geschichte des Hippodroms
„Das Hippodrom darf als die eigenartigste Volksbelustigung gelten, die uns die Wies’n heuer beschert. Man denke sich einen Zirkus, in dem der Zuschauerraum als große Restauration Verwendung findet, während die Manege mit einer Reihe von Pferden den Reitern unter dem Publikum oder solchen, die es werden wollen, um 50 Pf. zur Verfügung steht. Die Damen und Herren, die sich dort dem Reitsport widmen, geben zugleich für den Bier konsumierenden, aber sonst passiven Teil der Besucher den Unterhaltungsstoff ab; es fehlt natürlich nicht an stürmischer Heiterkeit, wenn einer sich krampfhaft am Pferd festhält oder Damen bei der Hopferei Hüte und Zöpfe verlieren.“
Das Hippodrom erhielt endlich die ersehnte Genehmigung, auch alkoholische Getränke wie Wein, Sekt und Champagner auf dem Oktoberfest ausschenken zu dürfen, jedoch kein Bier. Nun wird das Hippodrom zum Wiesn Treffpunkt des gehobenen Bürgertums und später der eleganten Lebewelt. Drei Jahre, nachdem das Hippodrom eröffnet wurde, glänzte es erneut mit einem extravaganten Äußeren und Inneren. Diesmal war es eine Ausstattung im Biedermeierstil, die nun für Jahrzehnte das Hippodrom prägte. Ein Plakat aus diesem Jahr zeigt zwei Personen auf Pferden in der Kleidung des beginnenden 19. Jahrhunderts. Nachdem eine Befragung der Festzeltbetreiber im Jahre 1907 keine Einwände zum Bierausschank im Hippodrom brachte, erteilte der Stadtmagistrat eine Ausnahmegenehmigung. So konnte man in diesem Jahr erstmals Bier der Kochelbrauerei bestellen.
“Wohlauf meine Herrschaften, auf’s Pferd, auf’s Pferd….”
Münchner Neuesten Nachrichten – 1921
Auf dem ersten Nachkriegs-Oktoberfest im Jahre 1921 stand ein Recommandeur vor dem Eingang des Hippodrom, der von nun ab vom Oktoberfest und dem Hippodrom nicht mehr weg zu denken war. Franz Halmanseger, von Beruf Dienstmann am Münchner Hauptbahnhof und Amateur-Pantomime, der bis 1962 auf jedem Oktoberfest vor dem Hippodrom stand. Ein Zeitungsartikel von 1959, der zum 40-jährigen Dienstjubiläum des Franz Halmanseger erschienen ist, berichtet, dass dieser schon auf dem Volksfest von 1919 zum ersten Mal als Recommandeur vor dem Hippodrom stand.
So lautet ein erster Bericht der Münchner Neuesten Nachrichten über die neue Oktoberfest-Sensation von 1902.
Münchner Neuesten Nachrichten:
„Treten Sie ein, Herr Baron, die Pferde sind gesattelt, alles Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Was wäre Attila der Hunnenkönig gewesen, ohne sein Pferd, was Karl May ohne sein edles Arabervollblut. König Richard III. hätte sogar sein Königreich für ein Pferd hergegeben und bei uns im Hippodrom können Sie für wenige Mark eines haben und brauchen nicht durch Nacht und Wind zu reiten, wie der Erlkönig selig. Wohlauf meine Herrschaften, auf’s Pferd, auf’s Pferd….“
Eine Zeitungsanzeige von 1922 teilt uns mit, dass es im Hippodrom nun Helles Bier der Thomasbrauerei gibt. Fünfundzwanzig gut eingerittene Rassepferde aus dem Marstall Heinrich Brockhoff stünden in der Manege zu Verfügung.
Das Oktoberfest 1922 begann mit einem Streik der Schausteller wegen zu hoher Platzgebühren. Der Tagungsort der Schausteller war das Hippodrom. Die Wiesn-Eröffnungs-Versammlungen der Schausteller fanden auch später traditionsgemäß im Hippodrom statt.
Mit dem ersten Nachkriegs-Oktoberfest 1949 war auch das Hippodrom wieder regelmäßig vertreten.
Die Spatenbrauerei belieferte seit diesem Jahr das Hippodrom mit Bier. Karl Seitz mit seiner modernen Jazzkapelle wechselt von der oktoberfestlichen Musik zur rhythmischen Marschmusik und passt sich damit der Gangart der Manegenpferde an.
Immer am ersten Donnerstag fand seit diesem Jahr der alljährliche ökumenische Oktoberfest-Gottesdienst aller Marktkaufleute und Schausteller im Hippodrom statt.
Zweiundzwanzig Pferde aus einem Gestüt in Altötting standen für die Zeltbesucher zum Reiten zur Verfügung. Auch hatte das Hippodrom wieder einen Recommandeur. Unter 22 Bewerbern für diesen zweiwöchigen Auftritt wurde der 67-jährige Anton Feßlmeier ausgewählt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Hippodrom wurde 1981 kein Eintrittsgeld mehr erhoben. Täglich ab 19 Uhr gab es ein Unterhaltungsprogramm, so auch eine Striptease-Königin aus Mauerkirchen.
Die Neugestaltung übernahm Filmarchitekt und Oscarpreisträger Rolf Zehetbauer. In den Farben Pink, Rosé und Bleu „knallt“ dem Wiesn-Besucher jetzt das neue Hippodrom entgegen, verziert von zahlreichen bunten Glühbirnen, Spiegelglas und kleinen Fensterchen. Feurige Reitartisten sollen die Oktoberfestherzen höher schlagen lassen.
Erstmalig findet das Oktoberfest im Hippodrom ohne Pferde statt. Aus Tierschutzgründen gab es zur Belustigung nur noch ein Pferdekarussel zu bestaunen.
Die Nachtkonzession wich einem Biergarten mit 1.000 Sitzplätzen.
Das Hippodrom feierte sein 100jähriges Bestehen auf dem Oktoberfest.
Ein Ableger des Hippodroms stand im September einmalig auf dem Platz vor dem Roten Rathaus in Berlin. Das Berliner Oktoberfest wurde traditionell von der bayerischen Landesregierung eröffnet.
Erstmalig war das Hippodrom auch auf dem seit 1965 stattfindenen Münchner Frühlingsfest auf der Theresienwiese vertreten. Das Zelt ist mit 2.000 Plätzen etwas kleiner als auf dem Oktoberfest, aber trägt trotzdem die prägnante rot-gelbe Jugendstilfassade.
Nach 111 Jahren endete die Tradition des Hippodroms auf dem Oktoberfest. Das Festzelt hatte keinen Standplatz mehr erhalten.
Das Hippodrom am Münchner Frühlingsfest auf der Theresienwiese bewirtet jedes Jahr im April und Mai in 17 Tagen um die 60.000 Gäste. Kommen Sie vorbei- wir freuen uns auf Sie!
Dieses Jahr feiern wir das 120 jährige Bestehen des Hippodroms auf der Theresienwiese!